42. Tag - 12. Juli
42. Tag: Burguete - Pamplona - Puente-la-Reina
Tagesleistung: 70 km
Gesamtstrecke: 2.404 km
Wetter: morgens stark bewölkt, mittags sehr heiß, bis
nachmittags wolkenlos, dann stark bewölkt und Sturm,
Wind: ab nachmittags stärker werdend (Sturm)
Morgens wache ich pünktlich um 7:00 Uhr auf, packe
zusammen und fahre eine Stunde später ohne Frühstück
los. Die erste
Steigung folgt
sofort, ist jedoch
ziemlich leicht
zu bewältigen
(Alto des
Mesquiritz 922 m). Danach geht es eine ganze Zeit kontinuierlich bergab, bis der
Alto Erro im Weg steht, den ich wieder in Teilen schiebend bewältige. Danach -
hurra - komme ich fast ohne zu treten bis kurz vor Pamplona. Vorher übermannt
mich aber doch noch der Hunger. In einem kleinen Kaffee am Wegesrand
bestelle ich mir einen Kaffee con Leche
(Kaffee mit Milch) und ein Bocadillo.
Das Bocadillo ist ein Weißbrot, der Länge nach geteilt, dazwischen warmes
Schnitzel, eingelegtes Paprika und Käse. Ich bin jedenfalls pappsatt, nachdem ich
das alles verdrückt habe. Der Kaffee und das Bier kosten hier in Espania übrigens
rund die Hälfte von dem, was ich in Frankreich dafür zahlen musste.
Die Wegbeschreibung des Pilgerführers nach Pamplona hinein ist allerdings
ziemlich lückenhaft, so dass ich mich prompt mal wieder verfahre. Ehe ich mich
aber darum kümmern kann, gibt es einen Knall und ein klirrendes Geräusch. Ich
halte sofort und sehe die Bescherung: Eine Querstrebe des Gepäckträgers ist
herausgebrochen, so dass er nun auf dem Schutzblech aufliegt. Nach kurzem
Überlegen suche ich aus der Campingausrüstung eine lange Leine heraus und
verspanne den Gepäckträger mit dem Sitz - es scheint zu halten. Dann kümmere
ich mich um den Weg. Ein freundlicher Herr erklärt mir auf Englisch, wie ich nach
Pamplona gelange.
Dort ist der Teufel los. Tausende von Menschen, alle weiß gekleidet mit roter
Baskenmütze und roter Schärpe um den Bauch, bevölkern die Innenstadt. Ich
wäre gerne über Nacht dort geblieben, weil Pamplona wirklich interessant ist.
Aber es gibt dort keine Unterkünfte und gemütlich ist es bei dem Auflauf auch
nicht. Also nichts wie weiter. Ich bin heilfroh, als ich mit Hilfe eines Polizisten
schließlich den Weg aus dem Gewühl
heraus finde. Der Fahrradpilgerführer ist
mir dabei wieder einmal wenig hilfreich.
Zunächst fahre ich ein paar Kilometer
auf der !Autobahn! Dann muss ich aber
runter und benutze die alte National-
straße. Zum Alto Perdon geht es wieder
200 m hoch. Ich schiebe rund drei
Kilometer. Und dann kommt der
Hochgenuss: rund 10 km Abfahrt nach
Puente-la-Reina, eine
wichtige Pilger-station, da
sich hier zwei Pilgerwege
treffen (der von St.-Jean-
Pied-de-Port und der von
Jaca). Puente-la-Reina ist
wegen der dort befindlichen
Brücke berühmt.
Das Wetter ist inzwischen
ziemlich schlecht geworden.
Der Himmel ist dunkel
bewölkt, der Wind pfeift in
Sturmstärke, glücklicher-
weise kommt er die letzten
Kilometer heute von hinten
oder schräg von hinten.
Bei der Pilgerherberge darf
ich auf der Wiese mein Zelt aufbauen - kostet heute 6 €. Nach der notwendigen
Dusche gehe ich ins Dorf und suche einen Supermarkt. Ich muss unbedingt
Nähzeug kaufen, da einer meiner Radlerschuhe ein wenig den Geist aufgibt und
eine Naht nachgenäht werden muss. Im Supermarkt habe ich keinen Erfolg, aber
die nette Kassiererin gibt mir einen Stadtplan und erzählt mir, dass ich zu einer
Marceria gehen soll. Sie malt in den Plan hinein, wo diese ist. In der Marceria
bekomme ich endlich Nadel (20 Stück-Packung) und Faden und einen Fingerhut,
und ich kann - zurück bei der Herberge - den Schuh reparieren.
Ich habe mir in der Herberge ein Pilgermenü (10 €) bestellt: Gemischter Salat,
Spiegeleier, Pommes und Würstchen, Pudding, Brot, ein Glas Rotwein (stellte
sich als ½ l-Bierglas heraus). Ich sitze zusammen mit Billi, einer Holländerin, die
schon den ganzen Weg von Holland gegangen ist, Lars aus Norwegen, René mit
seiner Frau aus Frankreich. Wir unterhalten uns dreisprachig - das funktioniert
hervorragend.
Abends treffe ich vor der Herberge noch eine Pilgergruppe aus Deutschland, mit
deren Mitglieder ich mich noch eine Weile unterhalte. Bei Sonnenuntergang singen wir gemeinsam ein paar Lieder. Danach
verabschiede ich mich dann endgültig in mein kleines Zelt.
Erkenntnis des Tages (heute mal wieder nicht so originell): Eine Stadt kann noch so interessant sein - aber sie kann
auch zur schnellen Durchreise verführen