© Hans Schönherr
Vorbemerkung:
Nachdem mein Sohn, der in München wohnt, am 25. Mai Geburtstag hat, habe ich vor,
dieses Jahr mit ihm zusammern zu feiern. Da ich die Fahrtkosten möglichst gering halten
möchte, überlege ich mir, die Fahrt dorthin mit dem Liegerad zu machen.
Hinweis: Durch Anklicken der unterstrichenen Routenüberschriften gelangt man zu den
Kartendarstellungen
1. Tag: Kiel – Itzehoe – Glückstadt – Wischhafen (90 km)
blauer Himmel, kaum Wind, ordentlich heiß
Morgens gegen 9 Uhr starte ich, nachdem mich Christl und einige befreundete Nachbarn
verabschiedet haben. Über Blumental und Nortorf geht es Richtung Süden. In Aukrug-
Innien mache ich bei einer Bäckerei eine halbe Stunde Pause und nasche Kaffee und
Kuchen. Weiter geht es ungefähr 5 km ohne
Radweg. Kurz vor Itzehoe lege ich noch eine
etwa einstündige Pause auf einem Rastplatz
ein und esse die beiden leckeren Brötchen, die
mir Christl eingepackt hat – dazu habe ich viel
Wasser getrunken, das ich offensichtlich
vorher durch Schwitzen verloren habe.
Bis Itzehoe setzte ich die E-Unterstützung nur
sehr sparsam ein, da ich die Kapazität des
Akkus nicht so recht einzuschätzen weiß. Ab
da bin ich dann etwas großzügiger, da vor mir
nur noch 20 km liegen. Gegen 15:30 Uhr erreiche ich die Elbfähre. Mit einem nettem
Hamburger Radfahrer, der noch Richtung Cuxhaven weiter will, quatsche ich während der
Überfahrt nach Niedersachsen eine Weile. Vor der Fähre sind in beiden Richtungen sehr
lange Autoschlangen – die Wartezeit beträgt wohl mehrere Stunden. Gut, dass ich mit
dem Toxy unterwegs bin: keine Warten, man kann wunderbar an der langen Schlange
vorbei radeln. Gegen 16:30 Uhr komme ich im vorgebuchten Hotel, dem „Gasthof
Kurbjuweit“ in Wischhafen an. Ein Weißbier ist
dringend notwendig, es schmeckt gut und
kostet nur 3 Euro. Dann endlich habe ich auch
Zeit für die Dusche – köstlich und erfrischend.
Zum Abendessen gönne ich mir eine
Aufschnittplatte. Abends ist Stammtisch
angesagt – es sind wirklich nette Leute, sie
begrüßen mich fast alle mit Handschlag,
obwohl sie mich nicht kennen und ich am
Nebentisch sitze. Morgen möchte ich schon
gegen 8 Uhr losfahren, da ab Mittag Gewitter
angesagt ist, vielleicht schaffe ich es bis dahin
nach Zeven.
2. Tag (Himmelfahrt): Wischhafen – Bremervörde – Zeven (69 km)
wolkig und sonnig, Wind von vorne, nicht ganz so warm wie gestern
Ich bin schon gegen 6 Uhr wach und habe so genügend Zeit, mein Gepäck in Ruhe zu
packen, da ich das Frühstück für 7:30 Uhr bestellt habe. Ich verstaue das Gepäck noch
auf dem Toxy und genieße dann das reichhaltige Frühstück.
Um 8 Uhr starte ich schließlich. Irgendwie
scheint der Akku für den Hilfsmotor nicht ganz
richtig geladen zu sein, so dass ich ihn nur ab
und zu benutzte (oder ist er gar schon
kaputt?). Die Gegend ist ein bisschen öde –
ziemlich flach und dann noch Gegenwind. Viele
WoMos sind unterwegs. Gegen Mittag belebt
sich der Radweg langsam (viele
„Vatertagsfeierer“, Ausflügler etc.). Ich mache
nach zwei Stunden eine kurze Pause, nach vier
Stunden nochmal eine von einer halben
Stunde, mit kleinem Nickerchen. Gegen 14 Uhr ist dann Zeven erreicht. Der Akku vom
Antrieb zeigt den untersten Strich, der sogar schon blinkt. Und mein Handy ist ebenfalls
leer, und die Adresse der Pension ist auf dem Handy. Also gibt es nur den Weg, das Handy
an der Powerbank aufzuladen. Kaum funktioniert es wieder, stelle ich fest, dass ich knapp
200 Meter von der Pension „Gästehaus Zeven“ entfernt bin – die mir gut gefällt. Sie hat
moderne, geräumige und saubere Zimmer.
Geregnet hat es übrigens nicht – ich hätte mir also durchaus mehr Zeit lassen können.
Das Gästehaus ist ziemlich neu und bietet für 35 Euro einen ziemlich guten Komfort –
leider gibt es aber kein Frühstück. Abends gehe ich ein paar hundert Meter weiter in eine
Pizzeria und verspeise eine köstliche und reichhaltige Pizza „Frutti di Mare“. Wirklich
lecker!
3. Tag: Zeven – Verden a.d. Aller – Nienburg a.d. Weser (85 km)
wolkig, sonnig und bedeckt, ziemlich windstill,
Heute möchte ich die Weser erreichen. Deshalb durchquere ich Zeven, das aus meiner
Sicht städtebaulich nicht viel hergibt, ziemlich schnell und nehme in der Nähe des
Bahnhofs in einer Bäckereifiliale einen gutes und preiswertes Frühstück zu mir. Dann geht
es auf gut ausgebauten Radwegen entlang der Bundesstraße Richtung Rotenburg a.d.
Wümme, das ich allerdings nicht anfahre. Google Maps lässt mich eine Abkürzung durch
verwunschene Wälder und entlang vieler Nebenstraßen durch kleine Dörfchen nehmen.
Das Handy kann ich als Navi mit Google Maps nutzen, da ich es nunmehr während der
Fahrt an die neue Powerbank angeschlossen habe (diese Kombination macht die Weste,
die ich anhabe, allerdings ziemlich schwer, aber ich habe nun ausreichend Strom). Nach
einer einstündigen Rast an einem
Buswartehäuschen erreiche ich schließlich
gegen 15 Uhr Nienburg. Ich suche das
Naturfreundehaus, wo ich ein Zimmer
vorgebucht habe. Die Unterkunft selbst kostet
nur 17 Euro, hinzu kommt aber noch die
Gebühr für die Bettwäsche und das Frühstück,
so dass der Übernachtungspreis dann doch
28,50 Euro beträgt.
Abends spaziere ich an der Weser entlang ins
Stadtzentrum, genehmige mir ein Eis und
gehe in ein mexikanisches Restaurant, wo ich
es mir gut gehen lasse. Vor dem
Schlafengehen stell ich übrigens fest, dass
der Akku für das Pedelec wegen eines
Wackelkontaktes am Stecker zum Ladegerät
manchmal nicht richtig geladen wird, so dass
es etwas Fingerspitzengefühls bedarf, um die
Funktion herzustellen.
Für morgen habe ich ein Hotel in Porta
Westfalica (kostet incl. Frühstück leider 56
Euro) vorgebucht. Bis dorthin sind es nur
knapp 60km. Allerdings muss ich noch einmal
entlang etlicher Bundesstraßen fahren!
4.Tag: Nienburg – Minden – Porta Westfalica (55 km)
zunächst bewölkt, dann sonnig, leichter Gegenwind
Manchmal spart man am falschen Fleck: Ich habe zwar eine billige Unterkunft in dieser
Nacht gehabt, dafür aber schlecht geschlafen. Der 50er-Jahre-Bau ist hellhörig, die
übrigen Gäste haben bis Mitternacht Krach gemacht und Türen geschlagen. Dafür
allerdings ist das Frühstück in Ordnung und sehr reichhaltig.
Als ich gegen 8:30 Uhr starte, sieht das Wetter
nicht besonders verheißungsvoll aus: stark
bewölkt, als wenn es gleich regnen wolle, der
Wind kommt von vorne. Dennoch mache ich
mich wohlgemut auf den Weg. Der Akku ist
vollgeladen, und ich habe bis Porta Westfalica
nur rund 55 Kilometer vor mir. Zunächst fahre
ich entlang einiger Bundesstraßen auf gut
ausgebauten Radwegen. Dann passiere ich
zwei Kernkraftwerke, die sich ihre Kühlung aus
der Weser holen. In der Ortschaft
Wasserstraße ist der Radweg zu Ende, und
Google Maps schlägt mir ein paar nette Nebenstraßen vor, die ich auch gerne benutze. In
Lahde überquere ich zunächst problemlos den Schleusenkanal, dann gilt es die Weser an
einem Wehr zu bezwingen. Dort geht es mühsam etliche Stufen hinauf und wieder hinab -
ich hätte auch sechs Kilometer weiter fahren können, um mir die Stufen zu ersparen.
Jetzt wird es richtig erholsam. Die Sonne hat
die Wolken mit aller Macht niedergekämpft,
und ich radle mit Blick auf die Weser und die
vorbeiziehenden Schiffe auf dem
Weserradweg. Wie auch gestern schon
begegnen mir auch heute wieder
Liegeradfahrer, die allerdings Trikes benutzen.
Schließlich kommt das Wasserstraßenkreuz
Minden in Sicht. Hier kreuzen sich Weser und
Mittellandkanal, und die Schiffe können
zwischen den beiden Wasserstraßen
wechseln.
Ich folge noch einige hundert Meter dem Weserradweg, wechsele die Flussseite und fahre
rechtsseitig bis nach Porta Westfalica zum Hotel „Bach Hotel“. Ein schönes Hotel in einem
kleinen Gewerbegebiet mit Blick auf das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der
gegenüberliegenden Seite der Weser. Das Restaurant des Hotels hat heute geschlossen,
der Chef empfiehlt mir ein Restaurant ca. 2km entfernt, wozu ich abends dann allerdings
keine Lust habe, so dass ich mir bei Lidl (200m entfernt) eine Brotzeit hole. Heute Abend
gibt es drei Folgen Inspektor Lewis, die ich mir hereinziehen werde.
Morgen werde ich versuchen, auf dem Weserradweg bis Bodenwerder zu kommen (ca. 80
km).
5. Tag: Porta Westfalica – Rinteln – Hameln – Bodenwerder (87 km)
warm, anfangs bewölkt, später heiter, zum Schluss leichtes Gewitter
Heute ist ein Genusstag: Um 8:00 Uhr gibt es ein hervorragendes Frühstück, durch den
Chef des Hauses persönlich serviert. Das Buffet ist heute wegen zu geringer Gästezahl
geschlossen, dafür gibt es einen Wurst- und Käseteller, der mehr als reichlich ist. Da kann
man wirklich nicht meckern, es ist aber auch die bisher teuerste Übernachtung meiner
Radtour (56 Euro). Bevor ich mich auf den Weg mache, unterhalte ich mich noch mit drei
anderen Radlern, die eine verlängerte Vatertagstour machen.
Ich fahre durch die Porta Westfalica (das ist
der Durchbruch der Weser aus dem
Mittelgebirge in die norddeutsche Tiefebene).
Mein Weg zieht sich meist auf separaten
Fahrspuren für Radler dahin. Es gibt nur
wenige Abschnitte, auf denen auch Autos
verkehren dürfen. Mir kommen heute
massenhaft Radlerinnen und Radler entgegen.
Einmal wieder ein Liegeradfahrer (2 Räder)
und einmal zwei Trike-Fahrer (3 Räder). Das
gibt jedes Mal ein „Hallo“, das heute bei den
anderen Weser-Radweg-Fahrern sehr viel
gedämpfter ausfällt: Vom Grüßen halten die meisten wohl kaum etwas.
Es gibt zwar viele spezielle Radwege,
radlergerecht sind sie zum Teil überhaupt
nicht: ganz enge Kurven, Engstellen, schlechte
Pflasterung, kaputter Asphalt, tlw. matschig
oder sandig. Nicht unbedingt das, was man
sich unter einem Fernradweg vorstellt.
Ich bin dieselbe Strecke vor einigen Jahren
bereits mit meinem Freund Helmut, allerdings
in die andere Richtung, gefahren. Viel in die
Erinnerung kommt mir dabei kaum. Es ist so,
als ob – bis auf wenige Ausnahmen – von den
Eindrücken her alles neu ist. Aber macht
nichts, umso interessanter ist die Tour. Unterwegs kann ich den Duft der verblühenden
Rapsfelder genießen, das Gezwitscher der Vögel macht froh. An einem Graureiher, der im
Schilf steht, fahre ich in wenigen Metern Entfernung vorbei. Es ist heute einfach eine
Genusstour. Gegen 11:00 Uhr habe ich schon mehr als 40 km hinter mir, und so kann ich
mir ruhigen Gewissens eine längere Pause gönnen. Ich suche mir in Bodenwerder
(Internet) ein Zimmer im Café Rosengarten. Zimmer gibt es allerdings nur noch ohne
Dusche, dafür auch nur 24 Euro incl. Frühstück.
Weiter geht es bei ziemlicher Hitze, aber der Wind, der ab Nachmittag von vorne kommt,
kühlt ein wenig. Die Weser zieht sich ziemlich behäbig dahin, man hat immer wieder
herrliche Ausblicke auf Fluss und Landschaft. Nach 70 km sieht der Himmel ziemlich
gefährlich aus – es droht ein Gewitter aufzuziehen. Nach 80 km muss ich unter einer
Brücke Schutz suchen, weil es angefangen hat zu regnen. Ich unterhalte mich ein wenig
mit einem Pärchen, das augenscheinlich östliche Ursprünge hat, aber ganz passabel
deutsch spricht. Nach ca. 20 Minuten hört es
auf zu regnen, und ich kann weiter fahren. Es
sind noch 7 km bis zu meinem heutigen Ziel
Bodenwerder. In der Fußgängerzone finde ich
schnell das Café Rosengarten. Zu meiner
Freude erklärt mir die alte Dame (Chefin), dass
sie nun doch ein Zimmer mit Dusche für mich
hat. Da kann ich doch nicht nein sagen, auch
wenn es nun 31 Euro kostet.
Heute ist wieder große Wäsche angesagt – ich
habe zwar noch Reserven, aber was
gewaschen ist, ist gewaschen. Anschließend
mache ich einen kleinen Stadtbummel durch Münchhausens Stadt und gehe schließlich zu
einem Griechen zum Abendessen. Es schmeckt hervorragend, so dass ich wohl gestärkt
den nächsten Tag angehen kann.
6. Tag: Bodenwerder – Holzminden – Corvey –Bad Karlshafen –
Gewissenruh (78 km)
wolkenlos bis leicht bewölkt, ziemlich warm, Wind tlw. auch von
hinten
Nach einer ruhigen Nacht in einem ordentlichen Zimmer, das allerdings schon bessere
Tage gesehen hat, wache ich gegen 7:00 Uhr auf, packe meine Sachen und bin kurz vor
acht an der Tür vor dem Café – ist noch geschlossen, wird Punkt Acht aufgeschlossen, wie
mir die Chefin gestern erklärt hat. Wenn man nun allerdings erwartet, dass man nun auch
gleich Frühstücken kann, liegt man völlig falsch. Es ist nichts eingedeckt. Die wohl etwas
behinderte Tochter der Senior-Chefin untersucht erst einmal, ob die Tischdecken sauber
genug sind, wechselt einige aus. Dann fragt sie einzeln ab, wer Kaffee oder Tee möchte.
Dann verteilt sie die Teller. Dann kommt die Chefin und bringt für jeden Gast 2 Brötchen
und eine Scheibe Brot. Nach einer Ewigkeit kommt der Kaffee, aber es fehlen die Tassen.
Dann kommt für jeden Gast ein Aufschnittteller mit drei verschiedenen (einfachen)
Wurstscheiben und zwei Käsescheiben. Also kann man mit dem für 8 Uhr avisierten
Frühstück erst eine halbe Stunde später beginnen. Das zu Beginn abgefragte gekochte Ei
gibt es schließlich, als ich fast schon im Aufbrechen bin. Als die Gäste fertig sind, fragt die
Chefin, ob noch etwas fehlt, sie legt gerne nach – ich denke, kaum ein Gast hat noch
Lust, hier das Frühstück weiter auszudehnen. Auf alle Fälle haben meine Tischnachbarn
und ich unseren Spaß – wir hatten immerhin Zeit, uns ausgiebig über unsere Radtouren
auszutauschen.
Nachdem ich auf die geschilderte Art
insgesamt eine Stunde (netto 1/2 Stunde)
für das Frühstück gebraucht habe, kann ich
mich endlich auf mein Toxy setzten und
meine heutige Etappe beginnen. Nachdem
die Weser überquert ist und ich frohen Mutes
in die Pedale trete, kommt, was kommen
muss. Zwei (wirklich alte) Senioren spazieren
mit ihren Gehhilfen nebeneinander auf dem
Radweg, mein Klingeln wollen oder können
sie nicht hören, und so endet das
Ausweichmanöver für mich im Graben. Da
das Toxy sehr niedrig ist, falle ich nicht tief,
und mir ist dabei glücklicherweise nichts passiert (so glaube ich zumindest im
Augenblick). Die beiden Alten versuchen mir zu helfen, ich bedanke mich und denke mir,
dass sie lieber beim Laufen etwas achtsamer sein sollten.
Heute kann ich die Strecke, die ich seinerzeit mit Helmut in die andere Richtung gefahren
bin, richtig genießen, damals Regen und Nebel, heute tolles Wetter bei blauem Himmel,
und der leichte Wind kommt teilweise sogar
mal von hinten und schiebt ein wenig.
Ich passiere Holzminden. Hier kommt mir
erneut ein Liegeradfahrer entgegen – dieser
Sport scheint sich auszubreiten ;-). Die
Jugendherberge, in der ich als Schüler mal
auf Klassenfahrt war, existiert (als
Jugendherberge) nicht mehr. Der WoMo-
Stellplatz, auf dem wir schon öfters
gestanden sind, ist voll. Gleich hinter dem
Platz führt der Weserradweg entlang.
Unterwegs sehe ich einen Roten Milan, der
Jagd auf Fische in der Weser macht.
Nachdem ich das Kloster Corvey bei Höxter
passiert habe, komme ich nach 50 km und
drei Stunden Fahrt an einen Rastplatz bei
Godelheim, wo ich es mir für eineinhalb
Stunden gemütlich mache. Der Rastplatz
liegt unterhalb des Schlosses Fürstenberg,
das für seine Porzellanmanufaktur bekannt
ist. Ich ratsche (telefonisch) ein wenig mit
Christl, der es zuhause offensichtlich auch
recht gut geht, und finde dann in einem
radelnden Ehepaar, das hier ebenfalls eine
kurze Rast macht, nette Gesprächspartner.
So, dreißig Kilometer liegen heute noch vor
mir. Ich folge dem Weserradweg weiter. Bei
dem stillgelegen AKW Würgassen soll man
eigentlich die Weser überqueren und auf der
anderen Seite bis nach Karlshafen fahren.
Ich bin dazu zu bequem und bleibe diesseits
auf der Bundesstraße, die auch einen
Radweg hat. In Bad Karlshafen reizt es mich
nicht, zu bleiben – eine einzige Baustelle. So
fahre ich weiter bis nach Oberweser-
Gewissenruh, wo ich bereits mittags per
Smart-Fon ein Zimmer im Gasthaus „Zum
Reinhardswald“ für 35 Euro gebucht habe.
Abends gibt es bei einem tollen Ausblick aufs
Wesertal von der zum Gasthaus gehörenden
Terrasse auch noch ein wunderbares Cordon
Bleu für 11,- Euro. Also insgesamt die besten
Voraussetzungen für eine gute Nacht, die ich
mit zwei Folgen von Inspektor Barnaby
begonnen habe. Vor dem Schlafengehen,
stelle ich fest, dass ich am rechten
Unterschenkel einen schmerzenden
„Knubbel“ habe, der sich später zu einem
ausgewachsenen dicken Bluterguss
entwickelt – ich schätze, dass das ein
Ergebnis des Sturzes vom Morgen ist.
Morgen muss ich dann noch die letzten 35 Kilometer an der Weser bis Hann. Münden
radeln. Dann geht es weiter im Werratal. Ich denke, ich werde bis Bad Sooden-Allendorf
fahren – vielleicht klappt es mit der Unterkunft, in der ich schon zweimal war.
7. Tag: Gewissenruh – Hann. Münden – Witzenhausen – Bad Sooden-
Allendorf (73 km)
morgens sonnig aber kühl, im Laufe des Tages bewölkt und windig
Es hat geklappt: Telefonisch habe ich
gestern noch im Café Feldmann ein Zimmer
gebucht – nicht ganz preiswert: 49 Euro –
Bad Sooden ist halt ein Kurort.
Heute Morgen ist das Toxy schon Punkt im 8
Uhr fertig gepackt, und Punkt 8 Uhr gibt es
auch Frühstück – ohne Verzögerungen wie
gestern, so dass ich um 8:30 Uhr starten
kann. Es ist etwas kühl, aber sonnig. An
einer Stelle in Gieselwerder verliere ich den
Weserradweg, weil er auf der Landkarte
anders eingezeichnet ist, als er tatsächlich
verläuft. Macht aber nichts, ich finde mich
trotzdem zurecht.
Ich passiere die Anlage des ehemaligen
Klosters Bursfelde und erreiche dann die
Radfahrerkirche in Gimpte, die mir von
meinem "Leibarzt DocDö" wärmstens ans
Herz gelegt worden ist, weil er wohl von hier
stammt. Es ist ein wirklich niedliches
Kirchlein, von dem ich noch ein paar Fotos
als "Beweis" mache. Dann ist schnell auch
Hann. Münden erreicht, in das ich nicht
weiter hineinfahre, weil ich schon mehrfach
hier war. Schnell ein Schnappschuss Richtung
"Weser-Stein", dann geht es weiter Werra-
aufwärts. Ich unterquere die A7, die hier auf
einer mächtigen Brücke das Werra-Tal
überquert. Der Werra-Radweg läuft hier
teilweise direkt auf kleinen Straßen ohne
Radweg, teilweise ist er nur ein schmaler
Trampelpfad
In Witzenhausen, angeblich die größte
"Kirschengemeide Deutschlands", verfahre
ich mich wegen schlechter Ausschilderung – so etwas passiert mir! Aber bald bin ich
wieder auf dem richtigen Weg und erreiche gegen 14:00 Uhr Bad Sooden-Allendorf. Nach
ausgiebiger Körperpflege und dem Waschen von ein paar Klamotten sitze ich nun vor dem
Café Feldmann unter der Markise, auf die es mittlerweile ein wenig tröpfelt.
Ich habe nun genügend Zeit, mich um die nächsten Etappen zu kümmern und die
Strecken vorzuplanen.
Ich mache einen ganz kleinen Stadtbummel, esse einen Eisbecher Walnusseis. Abends
gehe ich nochmal aus in eine kleine Weinstube, in der ich der einzige Gast bin. Weil es
noch angenehm warm ist, setzte ich mich
draußen unter den riesigen Schirm. Ich
bekomme einen Brotzeitteller, auf dem auch
Aalewurscht ist. Nachdem ich bisher nicht
wusste, was das ist, musste ich diese
nordhessische Spezialität natürlich auch
einmal ausprobieren: Es ist luftgetrocknete
Mettwurst. Mir kommt es vor, als wenn ich
diese Spezialität unter anderem Namen
schon oft auch anderswo schon genossen
habe. Mit einem Mal fängt es nun auch
wieder an zu regnen, es ist unter dem
Schirm aber sehr gemütlich. Mit den
Wirtsleuten (schätzungsweise mein Alter) komme ich ins Gespräch und erfahre, dass die
beiden aus Hamburg stammen, und dass sie es nicht schaffen, ihre Weinstube zu
verkaufen, weil kein potentieller Käufer das Lokal als Weinstube weiterbetreiben möchte –
und darauf würden sie Wert legen – na ja!
Abends bestelle ich noch ein Zimmer (Ferienwohnung) in Hörschel kurz vor Eisenach für
40 € incl. Frühstück.
8. Tag: Bad Sooden-Allendorf – Eschwege – Treffurt – Creuzburg –
Hörschel (74 km)
bewölkt, frisch, Regenschauer
Morgens gibt es ein wirklich leckeres Frühstück. Da das Buffet direkt neben dem
Verkaufstresen mit tollen Pralinen aufgebaut ist, frage ich nach, ob die Pralinen auch zum
Buffet gehören, was leider verneint wird. Gleichwohl: Es ist ein hervorragendes Frühstück,
an dem nichts fehlt (Übernachtungskosten 49 €). In der daneben liegenden Apotheke
kaufe ich noch schnell ein paar Magnesium-Kapseln, da ich mir gegen Krämpfe zu wenig
eingepackt habe.
Es ist stark bewölkt, und ich befürchte, dass ich heute wohl nass werde. Gleichwohl
schwinge ich mich wohlgemut auf mein Toxy und nehme die ersten Kilometer in Angriff.
Ich kürze ein wenig ab, indem ich nicht über Allendorf fahre, sondern direkt nach
Kleinfach. Auch die vielen Schleifen, die der Werra-Radweg bei Eschwege macht, spare ich
mir, so dass ich auch Eschwege wiederum schnell hinter mir lasse.
Landschaftlich reizvoll ist die Stecke zwischen Wanfried und Treffurt. Man hat den Ausblick
auf niedliche Dörfchen im Tal und kleine Burgen, die stolz auf den Gipfeln tronen.
Mittlerweile führt der Radweg über Kilometer auf einer aufgelassenen Eisenbahnstrecke
(bis Creuzburg). Da führte er zwar die beiden letzten Male, als ich hier gefahren bin, auch
schon entlang, aber ich hatte das seinerzeit nicht bemerkt. (Eisenbahntrassen haben den
Vorteil, dass nur sehr geringe Steigungen vorhanden sind). Bei Falken gibt es dann den
prophezeiten Regenguss, den ich unter dichten Bäumen abwarten kann. Als es anfängt,
durch das Blätterdach durchzutröpfeln, hört der Regen auf, und ich kann trocken
weiterfahren.
Das Werratal verengt sich mehr und mehr.
Am rechten Ufer schauen Felsen hervor und
gewaltige Steinbrüche lassen erahnen, wie
hier früher Steinblöcke gewonnen wurden.
Kurz vor Creuzburg fällt mir ein, dass ich für
abends noch eine Brotzeit brauche, da ich
annehme, dass es in Hörschel keine
Gaststätte gibt. Ich finde schließlich einen
REWE, als es gerade wieder zu tröpfeln
beginnt. Also setze ich mich nach dem
Einkauf beim Bäcker ins Café und genehmige
mir einen großen Kaffee sowie ein schönes
Stück Schwarzwälder-Kirsch-Torte. Hmmm -
lecker!!
Dann sind es nur noch 9 Kilometer bis Hörschel. Ich bewundere noch die alte Steinbrücke
über die Werra (älteste Sandsteinbrücke nördlich des Mains) sowie die gotische Kapelle
am Brückenkopf, bevor ich die letzten Kilometer in Angriff nehme. Hörschel nennt sich das
"Tor zum Rennsteig", von hier aus ist man auch nach nur ein paar Kilometern in Eisenach
und an der Wartburg. Wenn man hier vom Werra-Radweg abbiegt und über den Kamm
des Thüringer Waldes wieder zur Werra hinabfährt, kann man mehr als hundert Kilometer
abkürzen – ist mir aber zu steil – ich fahre lieber länger!). Meine Ferienwohnung ist schon
ein wenig betagt, aber ordentlich und sauber.
Das einzige Moderne ist ein nagelneues Bad,
das ich auch gleich nach Ankunft für einen
ordentlichen Duschgang in Anspruch nehme.
Für Morgen werde ich keine Unterkunft
vorbuchen, ich hätte gestern und heute
durchaus weiter fahren können, musste aber
die Fahrt abbrechen, weil ich die Zimmer
schon bestellt hatte. Morgen werde ich
sehen, wie weit ich komme und dann
versuchen, vor Ort ein Zimmer zu finden. So,
jetzt ist es 18:30 Uhr und damit Zeit für die
Brotzeit!
9. Tag: Hörschel – Gerstungen – Heringen – Vacha – Bad Salzungen –
Breitungen (Hotel Waldhaus Wittgenthal) (77,5 km)
morgens kühl und stark bewölkt, ab mittags aufgelockert und
angenehm warm
Pünktlich um 8 Uhr steht der Chef des Hauses mit dem Frühstück vor der Tür und deckt
mir den Tisch – ein bisschen Wurst und Käse, zwei Brötchen, ein Ei (stellt sich bei
Gebrauch und näherem Hinschauen als große Aprikose heraus), ich bin aber satt
geworden und kann nicht meckern, zumal ich auch seeeehr gut geschlafen habe. Nach
einem kleinen Ratsch mit den Wirtsleuten geht es dann werraaufwärts. Kurz nach dem
Start nehme ich eine Abkürzung an der Ruine Brandenburg vorbei und umgehe damit
Herleshausen. Im Laufe des Vormittags passiere ich x-mal die Landesgrenzen zwischen
Thüringen und Hessen – vor 30 Jahren wäre das noch unmöglich gewesen.
Irgendwann übersehe ich bei Sallmannshausen das Schild des Werraradweges und lande
in Neustädt – geht gar nicht, ich fahre deshalb wieder ein Stückchen retour. Ich genieße
die Ruhe der Landschaft, das Gezwitscher der
Vögel, das Plätschern der Werra. In
Gerstungen-Untersuhl schaue ich mir noch
einmal die berühmte Rundkirche – diesmal
ohne Gerüst – von außen an. Bei
Dankmarshausen ist der Weg eng und
glitschig, so dass ich umfalle. Mir passiert
nichts, aber das Toxy ist teilweise etwas
lehmig, so dass ich ziemlich viel Zeit damit
zubringe, es wieder sauber zu bekommen. In
Heringen ist eine Baustelle, die ein bisschen
Mühe mit sich bringt, weil dort alles sehr eng
zugeht und ich das Toxy über einige "Klippen"
bugsieren muss. In Philippsthal kann ich die
Spuren und "Denkmäler" des Kaliabbaues bewundern. Die Abraumhalden sind wirklich
gewaltig (eine Halde heißt "Monte Kali")!
In Dorndorf fahre ich an der
Fahrradherberge vorbei, in der ich vor drei
Jahren auf der Tour München – Kiel
übernachtet habe. Hinter Merkers beginnt
das große Grauen: Der Radweg ist in einem
erbärmlichen Zustand, glitschig, eng,
ausgefahren, so dass ich etliche Male zu
Notbremsungen gezwungen bin, damit ich
nicht "kentere". Nach Bad Salzungen fahre
ich gar nicht erst hinein, ich war dort bereits
zweimal, und es zieht mich nicht ein drittes
Mal dahin.
Eigentlich hatte ich die Absicht, heute um die 90 km zu schaffen, aber kurz vor
Breitungen sehe ich das Hotel Waldhaus Wittgenthal, das mich einlädt nachzufragen, ob
noch ein Zimmer frei ist. Da eines frei ist, bleibe ich für eine Nacht hier (44€ mit
Frühstück). Bis zur Werra-Quelle sind es von hier noch 100 km, aber dort will ich gar nicht
hin, sondern nur bis Hildburghausen, das sind rund 70 km).
Mit meiner Schwägerin Gitti telefoniere ich kurz, um in Erfahrung zu bringen, ob ich sie
am Sonntagabend in Feucht heimsuchen kann – leider wird nichts daraus, weil sie und ihr
Mann schon anders verplant sind. Schade!
10. Tag: Breitungen – Wasungen – Meiningen – Themar –
Hildburghausen (82 km)
morgens bewölkt und sehr kalt, ab Mittag aufgelockert und angenehm
warm
Komischer Tag heute: Frühstück gibt es erst um 8:30 Uhr, nachdem ich der Küchenchefin
(Tochter des Hauses) zugestanden habe, eine halbe Stunde länger zu schlafen. Das
Frühstück ist dann aber gut und ausreichend. Nachdem ich meine "sieben Sachen"
gepackt habe, geht es dann auf die Piste. Ziemlich schnell verfahre ich mich, weil die
Radwegweiser plötzlich fehlen. Aber mit Orientierungssinn findet man auch in den
ausweglosesten Situationen den rechten Weg wieder. Der Strecke führt heute in großen
Teilen auf der Landstraße, was nicht immer angenehm ist, da viele Autofahrer keine
Geduld haben und mich anhupen (vielleicht
hupen sie aber auch, weil sie mich als
Liegeradfahrer bewundern :-) ?). Dafür
entschädigen wiederum andere Strecken, die
direkt entlang der Werra auf lauschigen
Waldpfaden entlang führen. Die Kirchenburg
von Walldorf ist diesmal ohne Gerüst, und
anscheinend werden nur noch ein paar
restliche Pflasterarbeiten durchgeführt – ist
wirklich ein tolles Gebäude geworden. An
Meiningen fahre ich vorbei, ohne in die Stadt
hineinzufahren – ich war schon ein paar Mal
dort.
Hinter Untermaßfeld verliere ich dann den „Faden“. Die Wegweiser für den Werra-Radweg
finde ich plötzlich nicht mehr, dafür den "MR-Weg" (Weser-Main-Radweg). Ich denke mir:
Die haben den Radweg umbenannt und folge ihm. Nach rund 5 km kommen mir dann
doch erhebliche Zweifel. Nach gründlichem Landkarten- und Google-Maps-Studium
komme ich zum Schluss, dass ich total daneben liege. Aus Frust trinke ich ordentlich viel
Wasser, verzehre einen Vollkornriegel und kehre um. Das ist die richtige Entscheidung.
Jetzt kommt auch die Sonne hervor, und das Radeln macht gleich wieder viel mehr Spaß.
In Obermaßfeld gehe ich zu einem Netto-
Supermarkt, um Batterien fürs Navi und für
abends eine Brotzeit einzukaufen. (Die
Batterien habe ich dann tatsächlich
vergessen). Brotzeit deshalb, weil ich einfach
keine Lust habe, jeden Abend Restaurant-
Essen zu essen. Die Strecke wird
anspruchsvoll. Es geht ziemlich heftig
bergauf und bergab, und ich bin froh, dass
ich mir den Akku fürs Toxy für diese letzten
30 km aufgespart habe. An einer Stelle kurz
vor Hildburghausen geht sogar im 1. Gang
und voller Akku-Unterstützung nichts mehr:
Ich muss absteigen und den Berg hinauf schieben.
Im Hotel Garni Eschenbach habe ich gestern Abend ein Zimmer reserviert, und ich bin
froh, als ich mich heute nach mehr als 80 km auf mein Bett plumpsen lassen kann. Das
Zimmer ist sehr schön - es kostet mit Frühstück aber auch 58€).
Morgen verlasse ich den Werra-Radweg und Thüringen und breche nach Bayern auf.
11. Tag: Hildburghausen – Bad Rodach – Ummerstadt – Sesslach –
Kemmern (68 km)
morgens Hochnebel, frisch, ab Mittag sonnig, angenehme
Temperaturen
Ich schlafe wahrhaft traumhaft auf einem Boxspringbett und bin morgens 5 Minuten vor
dem Weckerklingeln wach. Das Frühstück ist lecker angerichtet – wobei ich normalerweise
immer meine zwei Semmeln mit Wurst und Käse und ein Ei esse (heute zwei Eier, aber bei
den Preisen muss das drin sein! ;-)).
Gegen 8:30 Uhr mache ich mich auf den Weg, fahre noch ein paar Meter durch
Hildburghausen. Dann geht es die lange Auffahrt aus dem Werratal hinauf – das habe ich
jedenfalls so in Erinnerung von der Tour vor drei Jahren. Diese Erinnerung ist aber wohl
nicht ganz richtig: Es sind nur einige hundert Meter, die es bergauf geht (rund fünfzig
Höhenmeter). Dann geht es bis vor Bad Rodach mehrere Kilometer eigentlich nur bergab
(120 Höhenmeter) – sehr, sehr angenehm! Manchmal muss ich ziemlich viel Energie durch
Bremsen vernichten, weil ich sonst mit Sicherheit die 50 km/h überschreiten würde.
Den Rodach-Itzgrund-Radweg nutze ich vorläufig nicht, da der einen Umweg über Coburg
bedeutet. Ich habe weder auf Umwege noch auf Coburg Lust, nutze also Google Maps,
das eine schöne Radroute mit 15 km weniger für mich heraussucht. Später stellt sich
heraus, dass da einige schlechte Strecken dabei sind, dafür ist es aber einsam und
lauschig: Natur pur! Mit ein paar wenigen Ausnahmen geht es meistens leicht bergab, so
dass der Akku nicht sehr strapaziert wird. Der Weg führt auch noch einmal zurück nach
Thüringen, bevor es endgültig in Franken weitergeht. Irgendwann komme ich dann auch
auf den Itzgrund-Radweg, der auf schönen asphaltierten Radwegen verläuft.
In Kemmern, kurz vor Bamberg, fällt mir ein Gasthof mit Biergarten auf, der auch Zimmer
anbietet (Gasthof Leicht). Auch wenn ich heute erst 68 km auf dem Tacho habe,
beschließe ich: Hier bleibe ich über Nacht! Aber als Entschuldigung muss gelten, dass ich
ziemliche Knieschmerzen und Schmerzen in der Wade (Bluterguss von Bodenwerder)
habe, und auch die übrigen Knochen tun mir ziemlich weh. Das Zimmer ist O.K., es kostet
mit Frühstück 40 €. Ich überlege mir, ob ich wirklich den restlichen Weg komplett bis
München durchfahren soll, habe im Moment, da ich schon mehr als 800 km hinter mir
habe, nicht mehr viel Lust dazu und würde den Rest lieber mit dem Zug fahren (ggf. mit
Zwischenstopp in Manching bei meiner Schwägerin Helga).
Aber das muss ich mir bis abends noch genau überlegen. Im Moment sitze ich hier in
Kemmern im gemütlichen Biergarten des Gasthofes Leicht und genieße das sommerliche
Wetter bei einem oder zwei Weizenbieren (Hier sind die Preise noch in Ordnung: 2,90€).
Abends gibt es eine Haxe mit Klößen für nur 8,90 Euro.
12. Tag: Kemmern – Bamberg – Nürnberg – Roth (111 km)
Wetter: frisch, ab Mittag sonnig, angenehme Temperaturen
Wie immer bin ich morgens um 7:15 Uhr
wach, gehe dann frühstücken und kann
gegen 8:30 Uhr losfahren. Über
verschlungene Wege führen mich die
Radwege nach Bamberg hinein. Durch die
Stadt gelange ich an den Main-Donau-Kanal,
dem ich links- und rechtseitig im Wechsel bis
Erlangen folge. Es ist sehr entspannend, hier
entlang zu radeln, ab und zu fährt auch ein
Schiff, viele Radler nutzen den Pfingstsonntag
als Ausflugstag. In Erlangen geht es eine
Weile auch am Kanal entlang, dann wird der
Radweg abgeleitet, und plötzlich gibt es
keine Schilder mehr, so dass ich eigentlich
auf gut Glück fahren muss. Nachdem das
mit dem Glück offensichtlich nicht so gut
funktioniert, nutze ich Google Maps (Handy
ist an der Powerbank angeschlossen, puh,
ganz schön schwer) und komme endlich auf
einen zielgerichteten Weg.
In Nürnberg fahre ich lange auf dem Ring
B4R, der mich wieder an den Kanal führt,
dem ich nun weiter folge. Langsam macht
der Akku auch dicke Backen, so dass ich ihn
nur noch im äußersten Notfall nutze. Bei Schwabach mache ich Pause und suche mir im
Internet ein Hotel in Roth (zum Böhm-Landhotel), das mit über 79 Euro nicht gerade
preisgünstig ist. Ich habe aber einfach keine Lust mehr, noch weiter zu suchen. Leider
verpasse ich die richtige "Abfahrt" am Kanal nach Roth, so dass 4 zusätzliche Kilometer
auf den Tacho kommen. Vom Kanal sind es noch einmal 8 km zum Teil schweißtreibend
bergauf bis zum Hotel, so dass ich heute erst gegen 18 Uhr und nach 111 km in die
Unterkunft komme. Ich bin rechtschaffen müde und ziemlich erschöpft.
Allerdings muss wenigstens ein ordentliches Abendessen sein, das ich sehr genieße – und
auch der Flüssigkeitsspiegel muss wieder aufgefüllt werden. Ich versuche, noch ein wenig
Fernzusehen, merke aber, dass das heute wohl nicht funktioniert. Also lege ich mich aufs
Bett, um noch ein wenig zu meditieren – die Meditation endet am 13. Tag um 8:00 Uhr,
als der Wecker klingelt.
13. Tag: Roth – Gaimersheim – Ingolstadt – Manching (22 km)
sonnig und warm
Heute klingelt der Wecker erst um 8 Uhr und ich habe sehr viel Zeit, da ich mit dem Zug
weiterfahren möchte. Die wade macht einfach nicht mehr mit! Also gehe ich gemütlich in
den Frühstücksraum und genieße das hervorragende Morgenmahl. Es gibt alles, was ich
möchte. Anschließend schreibe ich das Tagebuch für gestern, das ich wegen meiner
Müdigkeit leider nicht mehr geschafft habe.
Und nun das Fiasko: Ich will einen Zug von Roth nach Ingolstadt im Internet finden.
Merkwürdigerweise werden mir Verbindungen über Donauwörth oder über Nürnberg und
Regensburg angeboten - ich möchte aber über Treuchtlingen direkt nach Ingolstadt. Nach
langen vergeblichen Bemühungen stelle ich schließlich fest, dass die Züge heute wegen
Gleisbauarbeiten nur bis Gaimersheim – kurz vor Ingolstadt – fahren. Alles kein Problem,
ich habe schließlich mein Fahrrad dabei.
Ich bezahle im Hotel meine Unterkunft – heute um 10 Euro billiger als gestern avisiert. Ist
mir auch recht. Nach etwa 3 km bin ich am Bahnhof von Roth. Nach langem Suchen finde
ich den Fahrkartenautomaten, dessen Display wegen darauf stehender Sonne kaum zu
entziffern ist. Neben mir meint eine etwas ungeduldige Frau, dass solch ein Automat für
alte Leute – damit meint sie wohl mich – kaum zumutbar ist. Na ja, soll sie doch denken –
wenn die wüsste, dass ich gerade knapp 1.000 km mit dem Rad gefahren bin. Die
Fahrkarte habe ich dann auch schnell hervorgelockt, schwieriger ist es mit dem
Sonderticket für das Rad – das hat fast 10 Minuten gedauert.
Gegen 12:30 Uhr kommt der Zug in Gaimersheim an. Ich genieße es, mit voller Akku-
Unterstützung nach Ingolstadt hineinzurollen – ich muss nicht mehr sparen. In einem
Café genehmige ich mir ein kleines Eis und zwei Cappuccini.
Dann mache ich mich auf, die letzten Kilometer bis Manching zu bewältigen, wo mich
meine Schwägerin Helga und ihr Mann Josef (genannt Sepp) sowie die kleine
Terrierhündin Luna bereits erwarten. Nach einer netten Kaffeerunde mache ich mich
wieder schön. Das Toxy bleibt hier bis in den August/September, wenn wir mit dem WoMo
vorbeikommen werden, in der Garage geparkt, so dass all das, was ich nicht mitschleppen
muss, ebenfalls umgepackt werden muss.
Bei lauem Sommerwetter haben wir nach einem gemütlichen Abendessen noch ein paar
schöne Stunden vor der Laube im Garten, die wir mit vielfältigem Ratschen verbringen.
14. Tag: Manching – München (mit dem Zug)
Nach einem ausgezeichneten Frühstück, bei dem es alles gibt, was das (bzw. mein) Herz
begehrt, besichtige ich noch die Flugzeugmodelle meines Schwagers: Erstaunlich was da
alles so herumsteht und welch tollen Bearbeitungs-Maschinen (u.a. eine Drehbank mit
Fräse und eine CNC Fräsmaschine) er für sein Hobby hat. Nichtsdestotrotz möchte ich
weiter nach München, und so bringen die beiden mich zum Ingolstädter Hauptbahnhof.
Ich löse ein Bayernticket für 25 Euro und steige in den Regionalexpess Richtung München.
Ich überlege, was ich bis zum Abend noch anstellen kann und beschließe unsere Freundin
Gerdi mit ihren beiden Hunden in Tutzing zu besuchen. Sie meldet sich auch am Handy
und meint dann, ich könne nur im Krankenhaus vorbeikommen, sie läge dort wegen einer
Antibiotika-Allergie. Das lassen wir dann aber doch sein, und ich beschließe mit der BOB
nach Tegernsee zu fahren – nur so zum Spaß. Dort ist es kühl und bewölkt (kurz vor
einem Gewitter), so dass ich wieder nach München zurück fahre und mir den Trubel dort
zu Gemüte führe. Am Viktualienmarkt mache ich Rast und genehmige mir ein Weißbier
(und beginne, den heutigen Tagesbericht zu schreiben). Ab 18:00 Uhr werde ich von
meinem Sohn erwartet, so dass es gilt, die restliche Zeit bis dahin noch einigermaßen
nutzbringend zu verbringen.
Abends bin ich dann bei Sohn und Schwiegertochter, wo wir den Abend verplaudern.
Leider ist meine Wade immer noch geschwollen, so dass ich beschließe, am nächsten Tag
zum Arzt zu gehen.
15. Tag: München
Nach dem gemeinsamen Frühstück suche ich den Hausarzt meines Sohnes auf. Nach
kurzer Wartezeit und Untersuchung überweist der mich mit Verdacht auf eine Trombose
an einen Gefäßchirurgen. Hier ist die Wartezeit etwas länger. Nach einer langwierigen
Untersuchung wird dann festgestellt, dass es keine Trombose, sondern ein ausgedehnter
Bluterguss ist. Mein Bein wird mit einem Kompressionsverband vom Ballen bis zum Knie
verbunden. Ich humpele auf dem Rückweg an einer Eisdiele vorbei, bei der ich mir zum
Trost ein Eis gönne.
Abends gehen wir zu dritt zu einem Griechen in der Nähe und genießen jeder, was er oder
sie gerne hat. Der Rückweg in die Wohnung ist durch Starkregen und Gewitter geprägt.
Abends schauen wir noch ein paar Fotos an.
16. Tag: München
Bein hochlegen – ansonsten nichts wichtiges
17. Tag: München
Florian hat Geburtstag – heute ohne Gäste
18. Tag: München
Florians Geburtstagsfeier mit Gästen
19. Tag: Rückfahrt von München nach Kiel
Fahrt mit ICE (1. Klasse) von München nach Kiel
Ich werde von meiner Frau und unserem Labrador Timmi abgeholt. Es ist schön, auch
wieder zuhause zu sein.
Fazit:
Es war eine schöne Fahrradtour, die mir viele neue Eindrücke gebracht hat. Ich habe zwar
die Fahrtkosten eingespart, musste allerdings feststellen, dass das ganze eine
Milchmädchenrechnung war, da doch etliche Kosten für Hotelübernachtungen entstanden
sind (wusste ich allerdings auch schon vorher!).